Cyberliebe by Martina Sahler

Cyberliebe by Martina Sahler

Autor:Martina Sahler
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: neobooks
veröffentlicht: 2014-05-30T16:00:00+00:00


14

Zwei Wochen und sechs abtrainierte Pfunde später blinkte mir ein "Willkommen" auf blauem Bildschirmgrund entgegen. Josh war froh, mich los zu sein, installierte freiwillig die benötigte Software und verhalf mir zum Anschluss ans WLan. Während er diverse Befehle in die Tastatur tippte, schrie er über die Schulter durch die offene Zimmertür: "Papa, soll ich den Zugang auf eine Stunde täglich begrenzen?"

Ich stand hinter ihm und boxte ihm auf den Arm, nicht zu fest, aber doch spürbar. Er grinste mich diabolisch an.

"Nee, lass sie erst mal eine Weile stöbern. Können wir später immer noch machen, falls es notwendig sein sollte", kam es aus dem Wohnzimmer von meinem herzensguten Vater zurück.

Josh musste man zugute halten, dass er die Extra-Zulage zu meinen Gunsten aus der Familienkasse mit keiner Silbe moniert hatte. Er war als Ältester ohnehin begünstigt, hatte das größte Zimmer und musste niemals Sachen von irgendwelchen Cousins auftragen, wie Maik zum Beispiel. Der hatte dann auch im neidischen Fieber einen voll übertriebenen Vertrag aufgesetzt, indem festgehalten wurde, dass ich an zwei Weihnachten sowie an zwei Geburtstagen leer ausgehen würde. Außerdem hatte er nicht nur den Spüldienst als Zusatzleistung vermerkt, sondern auch noch in kleinerer Schrift angefügt, dass die Betreuung und Pflege des Bades mit dem heutigen Datum in meinen Zuständigkeitsbereich überging.

Ich hatte laut gelacht, als Maik mit dem Schreiben in dreifacher Ausfertigung zur Familienkonferenz erschien, und wollte sein Machwerk in der Luft zerreißen. Aber mein jüngerer Bruder ist zäh. Er krallte sich flennend in meinem Arm fest, trat mir gegen das Schienbein, was mich für einen Moment vergessen ließ, dass es einer 16jährigen einen Teil der Würde nahm, den jüngeren Bruder an den Haaren zu ziehen. Wie in den guten alten Tagen, als das Leben viel weniger kompliziert war, fetzten wir uns auf dem Boden, während mein Vater das über uns fliegende Blatt an sich nahm, bevor er Maik am Nackensaum seines Sweatshirt packte und mich mit einem verächtlichen Blick bedachte.

Ich rappelte mich auf, ordnete meine Haare und rieb mir die schmerzende Stelle am Arm, in die Maik gebissen hatte. Von wegen, er vertraute mir mehr – bearbeitete man Vertrauenspersonen mit dem Gebiss?

Nachdem er uns zusammengestaucht hatte, wendete sich Papa dem Vertrag zu und nickte wohl wollend: "Das hast du gut gemacht, Maik. Das werden wir alle unterschreiben."

Da war ich vor. Ich riss das Papier an mich und strich die Punkte, die Maik im eigenen Interesse aufgenommen hatte. Erst dann setzte ich unleserlich wie ein Arzt meine Unterschrift unter das Manifest. Sie machte sich gut aus gegen Maiks runde Kinderbuchstaben.

Und so geschah es, dass ich uneingeschränkten Zugriff auf meine Cyberliebe hatte. Wann immer mir danach war, konnte ich nun in den Chat gehen, um zu sehen, ob Tom da war, und für die Abende verabredeten wir uns in unserem privaten Raum.

Nein, wir hatten nicht immer Sex, obwohl es ein Riesenspaß war, sich die aufregendsten Szenarien auszumalen und gemeinsam in die Bilder einzutauchen.

Manchmal war uns danach, uns nur zu unterhalten in der kuscheligen vertrauten Geborgenheit, die wir uns erschaffen hatten.



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